Das ZDF hat längst Bonn als UNO-Stadt in seinem Wetterbericht gelistet. Auch die Tagesthemen bildeten neulich Düsseldorf auf der Wetterkarte ab. Das Wetter von Köln liegt im Irgendwo zwischen den beiden Metropolen. Warum ist das so?
In Köln ist schon immer alles irgendwie joot jejangen und daher muss man auch nicht über die Zukunft nachdenken. Warum auch? Wir haben doch den Karneval und den Dom. Gefühlte 100 Jahre SPD-grüner Stillstand haben eine langweilige, stinkende Autostadt geschaffen.
Ende Februar veröffentlichte die Marktforschungsagentur Mercer ihre Studie zu den lebenswertesten Städten der Welt. Die Studie soll Investoren helfen, sich zu entscheiden bei der Standortsuche. Weil sich die Mitarbeiter ja auch wohl fühlen sollen. Europa schnitt sehr gut ab. Wien ist die attraktivste Stadt der Welt, auf den Fersen sind u.a. München, Düsseldorf und Kopenhagen. Köln war nicht einmal auf der Liste. Warum auch? Google hat 20 Büros in Europa und hat einen großen Bogen um Köln gemacht. Gleichzeitig hat der ADFC seinen Fahrrad-Klima-Test veröffentlicht. Köln landete weit abgeschlagen auf Platz 36 von 39.
In diesen Zeilen soll es aber nicht um die rein wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Stadt gehen, sondern um die Bestimmungstücke zeitgemäßer Urbanität. Worüber denken Städte nach, wenn sie denn denken können.
Wien hat sich als Fahrrad- und Fußgängerstadt etabliert. Wien hat sich mit seinem Mobiltätskonzept STEP 2025 zum Ziel gesetzt, dass 80 Prozent des Gesamtverkehrs zu Fuß, mit dem Rad oder mit Bahn zurückgelegt werden.Die Wiener haben die Vision Zero. Sie wollen keinen einzigen Verkehrstoten Radfahrer oder Fußgänger.In Amsterdam fahren mehr als doppelt so viele Einwohner mit dem Rad als mit dem Auto (Auto nur noch 20 Prozent). Kopenhagen gibt alles, um mit Amsterdam gleich zu ziehen. Ein schönes Zitat des dänischen Stadtplaners Jan Gehl: “Eine Stadt ist dann lebenswert, wenn Sie das menschliche Maß akzeptiert. Wenn sie im Tempo der Fußgänger und Radfahrer tickt – und nicht im Tempo der Automobile”.
In Paris haben nur 40 Prozent der Einwohner noch ein Auto. Selbst New York gibt sich große Mühe und sperrt den Times Square für Autos. In Kölner Dimensionen hieße das, dass man Deutzer- und Serverinsbrücke autofrei machte.Die Kölner Verwaltung erarbeitet dieser Tage einen Entwurf für den Weiterbau des Niehler Gürtels. Während alle Metropolen (London, Paris, New York,..) Straßen zurück bauen und sie dem Fußgänger übergeben, spielt Köln den Geisterfahrer. Jeder, wirklich jeder weiß mittlerweile, dass Verkehr ein dynamisches Vielteilchensystem ist, das fließt und gedeiht mit den Flächen, die man ihm zur Verfügung stellt: Mehr Straßen erzeugen mehr Verkehr. Deshalb werden andernorts Straßenflächen zurückgebaut, wo Politik weniger Autoverkehr möchte.
Der Kölner Stadtanzeiger widmet sich in einer Serie ausführlich den Thema Mobilität. In der ersten Analyse stellt er mit Hilfe der ADAC fest, dass der Kölner viel im Stau steht und dass das Baustellen-Management schlecht sei. Die Stadt hat die Zeitung, die zu ihr passt: Es wird darüber palavert, wie man einen unangenehmen Zustand korrigieren kann. Selbst vom ADAC hätte man 2015 eigentlich erwarten können, dass nicht nur korrigierende, sondern kompensierende oder sogar präventive Maßnahmen ins Spiel gebrachte würden. Der ADAC passt auch gut in diese Stadt.Um die Stadt zukunftsfähig zu gestalten, sollte mal prospektiv gedacht gedacht werden. Nicht nur Schäden ausgleichen, sondern das Schöne entwickeln. Nachdenken über Urbanität heißt, sich auseinandersetzen mit der Stadt als Aufenthaltsraum. Ein gutes Beispiel jenseits eingefahrener politischer Strukturen ist Der Tag des guten Lebens.
Köln wählt einen neuen OB. Zur Wahl stehen ein Kandidat mit punktuellen anti-demokratischen Anwandlungen, der sich der Diskussion durch ein Rederechtverbot für kleine Parteien entziehen will und eine Dezernentin, die das Umweltamt leitete und die Stadt um nicht einen Grashalm grüner gemacht hat.
Keiner der beiden hat die Fantasie und den Willen, das Blatt zu wenden. Köln steckt fest in der Autoscheiße. Die Kölner Politik und Stadtplanung kann nicht anders, als in Autos zu denken.
Und der Kölner an sich? Findet es gut?
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