Wir sprechen stets von der Notwendigkeit von Umbruch und Aufbruch. Doch wie sehen Stadtrat und Bezirksvertretungen (BVs) konkret aus, nachdem wir diese aufgebrochen haben?

Am 30.05.2020 widmeten wir uns im Freiraum in Neuehrenfeld im Rahmen eines offenen Workshops dieser Frage und skizzierten erste Antworten dazu. Die Teilnehmer*innen, bestehend aus Mitgliedern sowie Nicht-Mitgliedern, beschäftigten sich mit folgenden Fragestellungen:

  1. Wie könnte ein*e Kölner*in ein Anliegen einbringen?
  2. Wie könnten die Menschen im Rat bzw. in BVs Argumente austauschen und gemeinsam zu einem Konsens kommen?
  3. Wie sähe die Umgebung aus, in welcher eine Sitzung stattfindet?
  4. Wie könnte ein Tagesablauf einer Person im Stadtrat aussehen?

In Kleingruppen ging es dann darum für folgende 5 fiktiven Figuren angemessene Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Diese für den Workshop entwickelten Figuren stellen Menschen dar, die potentiell Teil eines diversen Stadtrats sein könnten:

Ergebnisse zu 1: Wie könnte ein*e Kölner*in ein Anliegen einbringen?

  • Es sollten Orte der Begegnung zwischen den Menschen im Rat und anderen Kölner*innen geschaffen werden, an denen es Austausch gibt und jede*r ebenso Anliegen einbringen kann.  “Sprechstunden” sollten dort stattfinden, wo das Leben im Veedel stattfindet.
  • Zusätzlich sollte es eine digitale Plattform geben, auf der alle Kölner*innen ihre Anliegen einbringen können.
  • Die Vertreter*innen haben die “Bringschuld”, nicht die Vertreteten. Das heißt auch, dass alle Kölner*innen aktiv darüber aufgeklärt werden sollten welche Partizipationsmöglichkeiten sie haben.
  • Es sollte außerdem ein Programm geben, an dem Schulen bzw. Schüler*innen ihre Anliegen anbringen und verfolgen können.

Ergebnisse zu 2: Wie könnten die Menschen im Rat bzw. in BVs Argumente austauschen und gemeinsam zu einem Konsens kommen?

  • Beim Austausch zwischen den Ratsmitgliedern sollte die Gewissensfreiheit vor der Parteidisziplin kommen.
  • Die Debatte sollte argumentativ sein anstatt ideologisch (Argumente statt Rhetorik). Die Inhalte sollten vergleichbar und bewertbar sein.
  • Es sollte eine Redezeitbrgrenzung geben bzw. eine (offene) Redner*innenliste / FLINT*-Liste.
  • Die Argumentation sollte die Motive der Mitglieder des Rates offen legen und transparent dokumentieren, u.A. auch einfach zugänglich und verständlich in einer Rats-TV Mediathek (unter Verwendung einfacher Spracher, Gebärden und in mehreren Sprachen).
  • In einer Konsensfindung sollte steht der Konsens auch ein Konsent sein: Anstatt nur das Einverständnis sollten auch die Bedenken abgefragt werden.
  • Bei Entscheidungen gibt es Prioritäten: Klimanotstandsgerechte Lösungen haben immer Vorrang, insb. vor wirtschaftlichen Interessen. Bereits gefallene Beschlüssen und Entscheidungen sollten im Lichte neuer Erkenntnisse gekippt werden können.
  • Bei wichtigen und konkreten Entscheidungen sollten alle Kölner*innen miteinbezogen werden.
  • Minderheiten sollten bei allen Entscheidungen und Abstimmungen besonders berücksichtigt werden.

Ergebnisse zu 3: Wie sähe die Umgebung aus, in welcher eine Sitzung stattfindet?

  • Es muss einen niederschwelligen Zugang zum Ort geben, an dem die Rats-/BV-Sitzungen stattfinden. Dies impliziert auch sämtliche Barrierefreiheiten (z.B. für Seh-, Geh-, Hör- und kognitiv Beeinträchtigte).
  • Wenn möglich sollte die Sitzungen im Freien abgehalten werden.
  • Der Tagungs”raum” sollte mobil sein, d.h. über Köln wandern. Wie ein Zirkuszelt!
  • Es sollten offene, freundliche und einladende Räume sein!
  • Was die Sitzordnung betrifft:
    • Die Sitzordnung sollte eher im Kreis angeordnet sein, damit alle sich gegenseitig sehen können.
    • Die Sitzordnung sollte zufällig sein, nicht in Fraktionen.
  • Es sollte eine wechselne Sitzungsleitung geben.
  • Zuletzt sollte es unter den 9 Bezirken noch kleinere Einheiten der Beteiligung geben, z.B. auf Veedelsgröße, um Entscheidungen noch näher an die Menschen zu holen.

Ergebnisse zu 4: Wie könnte ein Tagesablauf einer Person im Stadtrat aussehen?

Wäre Captain Jack Sparrow im Kölner Stadtrat, könnte so ein Tagesablauf von ihm aussehen:

  • 10:00 Uhr – Jack nimmt ein langes Bad in Brauchwasser.
  • 11:00 Uhr – Jack nimmt ein veganes Frühstück zu sich.
  • 11:15 Uhr – Jack hat Streit mit seinem Papa darüber wer des Gemüse gießt.
  • 12:00 Uhr – Jack holt nacheinander alle seiner Kinder von allen Frauen ab und trinkt dabei ein Radler und isst ein Eis! Vor einem Kiosk gibts nämlich ein MEET & GREET mit Gleichgesinnten.
  • 14:00 Uhr – Jack zieht mit seinen Geleichgesinnten zu einer Demo zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) und hält dort eine mitreißende Rede! Leider geht eines seiner Kinder währenddessen verloren.
  • 16:30 Uhr – Jack kommt verspätet zur Ratssitzung, weil er sein Kind gesucht hat. Während der Sitzung hat er ebenfalls einen Redebeitrag zur BGE-Demo. Des Weiteren setzt er während der Sitzung gegen das Kneipensterben im Veedel ein. In dem Zusammengang spendiert er eine Runde Bier an alle anderen im Rat (minud AfD).
  • 20:00 Uhr – Jack geht Abendessen mit einer bunten Mischung seiner Ratskolleg*innen zum Infor-Austausch. Mit seinen Fraktions-Homies trinkt er ein Feierabendbier. Im Anschluss geht er auf einen Rave mit seien Work & Travel Freunden.
  • Um 07:00 Uhr des Folgetages kommt er zuhause an und will sich hinlegen. Jedoch klettern alle seine Kinder auf seinen Bauch und der Papa wird wütend.