Köln ist eine Stadt mit einer langen Geschichte. Geschichten mit Mythen und Geschichten von Held*innen, aber auch mit dunklen Kapiteln. Zwei dieser dunklen Kapitel sind die Kolonialzeit und die Zeit des Nationalsozialismus. Noch immer gibt es Straßen in Köln, deren Namen die koloniale Geschichte der Stadt widerspiegeln. Noch immer sind Hörsäle der Universität zu Köln nach Mitgliedern der NSDAP benannt.
Wir werden euch in den nächsten Wochen eine Informationsreihe über die Spurensuche des kolonialen Erbe in Köln über die sozialen Netzwerke und diesen Blog Post bieten. Dazu gibt es dann einen Abschlussvortrag am 08.04. um 19 Uhr von Prof. Dr. Marianne Berchhaus-Gerst der Universität zu Köln – hier bei uns online zu sehen.
Das Afrika-Viertel
Das im Norden von Nippes liegende Afrika-Viertel entstand infolge der Verklärung der nach dem ersten Weltkrieg verlorenen Kolonien. Bei der Planung einer Fabriksiedlung gaben die Nationalsozialisten den Straßen Namen vermeintlicher „Helden“: Gustav-Nachtigal-Straße, Carl-Peters-Straße, Lüderitzstraße.
Togostr.
Die Kleinste der deutschen Kolonien wurde als „Musterkolonie“ angesehen: Es gab dort keine für das Kaiserreich kostspieligen Kolonialkriege und aufgrund der massiven Ausbeutung der Einheimischen und der lokalen Ressourcen war sie wirtschaftlich rentabel.
1884 unterzeichnete Gustav Nachtigal im Namen des Deutschen Kaisers einen sogenannten Schutzvertrag. Zunächst beschränkte sich das koloniale Hoheitsgebiet auf die Küstenregionen, doch unter dem Deckmantel der „Wissenschaftsexpeditionen“ unternahmen die Deutschen Eroberungsexpeditionen, bei denen man die lokale Bevölkerung systematisch unterwarf. Im Laufe der Gefechte kam es zu Plünderungen, Morden, Brandstiftung und der Gefangennahme von Frauen und Kindern.
Infolge des „Schutzvertrages“ kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in der Region, insbesondere in der Stadt Lomé. Von diesem Aufschwung profitierte die indigene Bevölkerung jedoch kaum: Hohe Steuern, Landenteignungen und Zwangsarbeit machten ihnen den Vermögensaufbau unmöglich. Lokale Machthaber wurden für ihre Treue mit Alkohol und Waffen belohnt, was die Herrschaft der Deutschen festigte.
Namibiastr. (ehemals Carl-Peters-Straße)
Namibia war von 1884 bis 1914 die deutsche Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Nach dem ersten Weltkrieg ging die Mandatsherrschaft von Südwestafrika an Südafrika, welches von einem weißen Minderheitsregime in Pretoria regiert wurde.
In Köln wurde die Straße 1990 in Namibiastr umbenannt. Zur Feier nach über hundert Jahren Fremdherrschaft. Deutsch-Südwestafrika war die größte deutsche Kolonie, dort lebten mehr als die Hälfte aller Kolonialdeutschen.
Nach wiederholten gewaltsamen Konflikten brach 1904 der so genannte Herero-Nama-Aufstand aus. Der Kolonialkrieg erschütterte die Kolonie und dauerte bis 1908. Vergewaltigungen, eine Gerichtsbarkeit nach Hautfarbe, Landverluste und Abschiebungen in Reservate führten in den Vernichtungsbefehl von Lothar von Trothas und somit in den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts.
Viele Bundesregierungen weigerten sich lange, den Völkermord also solchen anzuerkennen und bis heute steht eine offizielle Entschuldigung immer noch aus und die damit verbundenen Reparationszahlungen
Tangastr
Von 1885 bis 1918 gehörte die am indischen Ozean liegende Hafenstadt Tanga, zu der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika.
In Folge des 1. Weltkriegs kam es auch in der deutschen Kolonie am Indischen Ozean zu einem Krieg zwischen Großbritannien und den deutschen. Die deutsche Schutztruppe entschied die Schlacht für sich, doch die Zivilbevölkerung litt unter den Folgen des Krieges. Bis zu einer halben Millionen Menschen sind der Kriegsführung direkt oder indirekt zum Opfer gefallen.
Usambarastr. (ehemals Lüderitzstr.)
Usambara ist eine Bergregion im Nordosten Tansanias. Davor hieß die Straße seit 1935 Lüderitzstr. Er wurden von den Nationalsozialisten als der „Vater der ersten deutschen Kolonie“ gefeiert. Durch betrügerische Methoden hat sich Lüderitz viel größere Landgebiete im heutigen Namibia beansprucht als verhandelt . Er erhielt auch den Namen „Lügenfitz“. Warum die Straße nach der Bergregion in Tansania benannt wurde, ist nicht bekannt. Zwischen Lüderitz und dem Usambaragebierge wird besteht keine historische Verbindung. Die Grünen wollten die Straße eigentlich Marengostraße benennen, nach dem Wiederstandskämpfer Jakob Marengo der im Widerstandskampf gegen die deutschen 1907 erschossen wurde
Gustav-Nachtigal-Str.
In Lexika wird Gustav Nachtigal häufig als „Afrikaforscher“ beschrieben, doch er spielte eine zentrale Rolle bei der Errichtung von deutschen Kolonien in Togo, Kamerun und Namibia. Nachtigal wurde 1882 Reichskommissar für Westafrika. In dieser Position erpresste er im Juli 1884 in Togo den König G.A. Lawson lll., in dem er Geiseln auf einem deutschen Kriegsschiff gefangen hielt. Außerdem Legitimierte er den Einsatz von Adolf Lüderitz in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika.
M-Straße (Mohrenstr.)
Im Gereonsviertel haben verläuft die M.Straße. Sie erzählt eine Geschichte, welche bis ins dritte, frühe viert Jahrhundert zurück führt. Das Gereonsviertel war früher teil der Römischen Stadt und Zeuge eines der ältesten afrikanisch-deutschen Geschichte.
Die Kirche St.Gereon wurde dort im 12. Jahrhundert errichtet und nach Erzählungen nach soll der dort verehrte Heilige ein Schwarzer gewesen sein. Wie die Kölner „Lokalheiligen“ St.Gereon und Gregorius Maurus in der Geschichte miteinander verstrickt sind, kommt aus einer Legende, die sich um eine Truppe thebäischer Legionäre rankt.
In den ältesten Geschichten nach stellte Maximian , der Mitkaiser Diokletians, in Ägypten eine Legion zusammen, dessen Soldaten hauptsächlich aus der römischen Provinz Theben stammten.
Diese Legion sollte gallische und germanische Provinzen und Aufstände niederschlagen. Ebenfalls erhielten sie den Befehl Christen zu verfolgen. Die Thebäer sind christlich getauft und verweigerten diese Anordnung und wurden darauf hin in Köln hingerichtet. Zum Widerstand gehörten auch die Befehlshaber Gereon und Gregorius Maurus, ihre Köper sollen demnach in einen Brunnen an der Heerenstr geworfen worden sein, wo heute die St. Gereon Kirche steht.
Die Heiligen wurden aber erst in Zeiten der Kreuzzüge „afrikanisiert“, wobei bei dem Namen Maurus sich eine Herkunft vom Kontinent Afrika schließen lässt. Die Europäer*innen hatten in der Zeit der Kreuzzüge, so gut wie keine Kenntnisse über Afrika und man wusste bloß das die Menschen des Kontinents schwarz sind. Im Mittelhochdeutschen wurde dies mit dem Begriff „môr“ versprachlicht.
Bis ins 19.Jahrhundert an überdauerte die Legende, als sie schließlich vom Kirchenvorstand St. Gereons sich 1844 dafür einsetzte eine neue Straße an der Kirche, in Erinnerung dieser Legende, M.straße zu nennen.
Nichtsdestotrotz ändert es nichts an der Tatsache, dass dieser Begriff rassistisch ist. Auch wenn hier ein schwarzer Heiliger geehrt wird, wäre es von der Stadt angebracht diese Straße anders zu benennen.
Gravenreuthstr.
Karl Freiherr von Gravenreuth war seit 1879 zunächst Offizier in der bayerischen Armee. Ab 1885 nahm Gravenreuth an „Expeditionen“ Carl-Peters teil und schloss sich der „Schutztruppe“ von Herrmann von Wissmann an. Er war auch teil des so genannten „Araberaufstandes“ in Ostafrika.
1890 hat er sich kurz in Europa aufgehalten und ging dann im Auftrag der deutschen Regierung in die Kolonie Kamerun. Hier kaufte Gravenreuth 370 sogenannte „Dahomeysklaven“ und bildete sie zu einer Polizeitruppe aus.
Mit dieser Truppe unternahm Gravenreuth kriegerische Vorstöße in das Innenland von Kamerun. Frankreich erhob den Vorwurf der „verkappten Sklaverei“, denn die sogenannten Dahomesklaven wurden gegen gekauft und mussten ohne Lohn ihren Kaufpreis abarbeiten. Die Männer und Frauen wurden auch als Träger*innen eingesetzt und die Gruppe litt Hunger, Krankheiten und der Hitze. Viele konnten den Strapazen nicht standhalten und sind bei den Expeditionen gestorben.
Diese Expeditionen waren sogenannte Strafexpeditionen. Dörfer denen ein Fehlverhalten vorgeworfen wurde, überfiel man und brannte sie nieder. Überlebende wurden vertrieben. Am 3. November 1891 starb Gravenreuth bei einem Angriff auf ein Dorf.
Deutzer Messe
Die Deutzer Messe ist ein kolonialer Erinnerungsort, da hier am 1. Juli 1934 die „Deutsche Kolonialausstellung“ eröffnet wurde. Diese Ausstellung steht für die enge Beziehung von NS-Regime und Kolonialbewegung. Der Reichskolonialbund richtete zusammen mit der Messe- und Ausstellungs-G.m.b.H. Köln die Ausstellung ein, die dem Kölner Publikum das koloniale „Projekt“ ans Herz legen sollte. Wenngleich Deutschland mit dem Ende des Ersten Weltkriegs seine Kolonien verloren hatte, kämpfte man seither gerade Köln für das Recht auf Kolonialbesitz und die Rückgewinnung der ehemaligen „Schutzgebiete“. Im Geleitwort zum Ausstellungsführer heißt es: „Die Deutsche Kolonialausstellung in Köln 1934 soll dazu beitragen, den kolonialen Gedanken in die Herzen und Köpfe einzupflanzen, damit das deutsche Volk die ungeheure Bedeutung überseeischen Besitzes für Deutschland erkennt. Gerade unsere Schwierigkeiten der Einfuhr von Rohstoffen aus Übersee müssen jedem Deutschen zu denken geben. Wie anders würden wir dastehen, wenn wir diese Rohstoffe aus eigenen Kolonien einführen könnten! Wir müssen uns darüber klar werden: Ohne Kolonien Armut und Not, mit Kolonien Arbeit und Brot!“
Moltkestr.
General Feldmarschall Helmuth Graf von Moltke gehörte nach dem deutsch-Französischen Krieg im Jahr 1871 zu denen die eine deutsche Expansion nach Übersee forderten.
Schon zwischen 1841 und 1844 warb er in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ für einen christlichen Staat Palästina (damals Teil des Osmanischen Reiches).
In einem Artikel hieß es: „England hat sich in allen Weltteilen und auf allen Meeren einen Schauplatz geschaffen, wo es die nachgeborenen Söhne seines Adels versorgt, den kriegerischen Mut seiner Jugend erprobt, seinem Handel neue Kanäle, seinem Gewerbefleiß neue Märkte eröffnet. Frankreich suchte in Algier den Ableiter für den oft krankhaften Überfluß seiner Kraft, und wenn ihm die Kolonisation bisher schlecht genug gelungen, so wünschen wir seinem Streben im Interesse der Zivilisation den besten Erfolg. Sollte aber Deutschland nicht begierig zugreifen, wenn sich ihm eine Möglichkeit bietet, deutsche Gesittung und Tatkraft, Arbeitsamkeit und Redlichkeit über die deutschen Marken hinaus zu verbreiten?“
Für die so genannten „Kolonialpioniere“ hegte Moltke große Bewunderung. So kommentierte er Wissmanns vorgehen in Deutsch-Ostafrika mit den Worten: „Der Mann macht mir Freude. So einen habe ich gern. Der geht doch feste da unten vor und hängt die Schufte auf, da wo sie es verdienen.“
Die weitere Kolonialisierung der deutschen Kolonien erlebte er jedoch kaum mehr mit. Er starb am 24. April 1891 in Berlin.
Takuplatz (Takustraße, Lahnstraße, Iltisstraße)
Takustraße: Fort im Hafen von Tientsin (China), 1900 durch alliierte Truppen westlicher Kolonialmächte (darunter deutsche) eingenommen.
Lansstraße: Wilhelm von Lans (1861-1947), deutscher Kommandant des Kanonenboots „Iltis“, das im Jahre 1900 Fort Taku (Tientsin, China) beschoss.
Iltisstraße: Name des von v. Lans geführten Kanonenboots
Das Straßen Triangel von Takuplatz/straße – Iltisstraße – Lansstraße ist das Konglomerat, an die deutsche Kolonialaggression in China erinnert.
Diese Namen stehen im Zusammenhang mit der Niederschlagung des sogenannten „Boxeraufstands“. Am 17. Juni 1900 griffen Marine Truppen alliierter ausländischer Mächte die Taku-Forts an. Der Hafen gehört zur großen Millionenstadt Tianjin. Unter den angreifenden Booten war auch das deutsche Kanonenboot Iltis mit ihrem Kapitän Wilhelm Lans. Die Iltis bombardierte die Forts, bis sie von chinesischen Granaten außer Gefecht gesetzt wurde.
Die Zerschlagung des antikolonialen Widerstandes war die erste militärische Allianz zwischen den imperialistischen Staaten (Deutsches Reich, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Österreich-Ungarn, Russland, USA). Es war der beginn des blutigen Kolonialkrieges 1900/1901 und der integrale Bestandteil der deutschen Kolonialpolitik seine wirtschaftlichen und politischen Ziele durch zudrücken. Des weiteren gab es über Monate hinweg, sogenannte „Strafexpeditionen“, an denen auch das deutsche Militär beteiligt war. „In der Presse forderten sozialdemokratische Stimmen, dass das Gemorde und Geschlachte toll (verrückt) ist und man dabei sein Menschsein vergisst.“
Die Auswirkungen des Aufstandes hatten noch lange Folgen für die lokale Bevölkerung. Diese musste lange Reparationszahlungen an die internationalen Imperialisten tätigen.
Die Benennung der Straßen erfolgte 1902, also unmittelbar im Anschluss an den für China verheerenden Krieg.
Wißmannstr.
Auch wenn Hermann von Wissmann mit Köln keine Verbindung hat, ist er trotzdem mit zwei Erinnerungsorten in Köln präsent. Mit einer Grabstätte auf dem Melatenfriedhof und die nach ihm benannte Straße.
Im Straßenlexikons Köln wird er als „Afrikaforscher“ bezeichnet und wird noch zu Lebzeiten am 01.04.1888 bekommt eine Straße mit seinem Namen.
Unter König Leopold II. unternahm Wissman sogenannte „Forschungsexpeditionen“ vom Westen in den Osten Afrikas. Er legte die Vorraussetzungen für die spätere Kolonialisierung von „Belgisch-Kongo“, einem der brutalsten Kapitel europäischer Kolonialgeschichte.
Wissmann wurde zum Reichskommissar von „Deutsch-Ostafrika“ und sollte die Widerstand der Küstenbewohner*innen nieder schlagen. Die „Wissmanntruppe“ bestehend aus afrikanischen Söldnern (Askari) der Region, wurden gegen den „Araberaufstand eingesetzt. Es kam zu Gefangenenexekutionen, Entführungen und Vergewaltigungen von Frauen, Plünderungen und Brandschatzungen. Dörfer die weiterhin Widerstand leisteten, drohte er, „sie von der Karte Verschwinden zu lassen“. Auch noch lange nach dem Aufstand gab es von der Truppe ,Säuberungsaktionen‘ und ,Bestrafungsaktionen‘. In Deutschland wurde Wissmann für sein wirken in Deutsch-Ostafrika gefeiert und zum Major befördert. Auf den Posten des Gouverneurs musste er jedoch vorerst verzichten, weil ihm Veruntreuung von Mitteln vorgeworfen worden sind und er das Budget maßiv überzogen hat. 1895 wurde er zum Gouverneur nach seinem Motto: „Finde ich keinen Weg, so bahne ich mir einen!”
Universität Köln
Nähere Informationen folgen ab Mitte April…
Gebeine von Opfern des Kolonialismus in der Sammlung des Anatomischen Instituts
Nähere Informationen folgen…
Mensa Robert-Koch-Straße
Nähere Informationen folgen…
Müller-Armack-Hörsaal (Hörsaal I, Wirtschafts-und Sozialwissenschaftliche Fakultät)4
Nähere Informationen folgen…
Gutenberg-Hörsaal (Hörsaal XXV, Wirtschafts-und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Nähere Informationen folgen…
Kurt-Alder-Hörsaal (Hörsaal I, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät)
Nähere Informationen folgen…
Bilder der NSDAP-Rektoren im Alten Senatssaal
Nähere Informationen folgen…
Neue Interaktive Karte des kolonialen Erbes
Es gibt nun außerdem eine interaktive Karte der Stadt Köln, die das koloniale Erbe in der Stadt beleuchten soll. Ganz interessant, um sich mit der Geschichte und den Menschen, die in der eigenen Nachbarschaft mit Straßennamen geehrt werden auseinander zu setzen. Noch sind ein paar wenige Orte vermerkt – die Karte soll aber immer weiter erweitert werden. Abzurufen ist sie hier: https://desintegration.ihaus.org/
Weitere Quellen:
- https://www.deutschlandfunk.de/richard-wagner-und-der-antisemitismus.886.de.html?dram:article_id=247181
- https://www.ksta.de/koeln/kalk/wegen-nazi-vergangenheit-koelner-politiker-diskutieren-strassen-umbenennung-31152278
- http://www.campusgruen.uni-koeln.de/wp-content/uploads/2020/12/Offener-Brief.pdf
Autor*innen:
Ratsgruppe KLIMA FREUNDE + Team
Schrecklich, diese fragwürdigen Umbenennungen! In Namibia wird die Vergangenheit offenbar nicht so düster gesehen: Man gibt seinen Kindern deutsche Namen wie Hans, Werner, Wilhelmine und Ewaldine und denkt nicht an eine Namensänderung für den Ort Lüderitz. Es war wohl noch niemand von den Querulanten in Namibia.
KStA vom 25.11.09
Bezirksvertretung Ehrenfeld : Fragwürdige Kolonialherren
EHRENFELD
Eine „koloniale Erinnerungskultur“ forderten die Fraktionen von Bündnis 90 / Die Grünen und der SPD in der Bezirksvertretung Ehrenfeld. Bei Enthaltung der Vertreter von CDU und FDP wurde einstimmig beschlossen, dass der Bezirksbürgermeister zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung über die historischen Hintergründe bestimmter Straßennamen im Stadtbezirk einladen solle. Im Fokus stehen dabei die Wissmann- und die Gravenreuthstraße in Ehrenfeld sowie die Straßen im so genannten „Chinesenviertel“ in Neuehrenfeld – Taku-, Iltis- und Lansstraße.
Bezirksbürgermeister Josef Wirges stellte einen Termin nach Karneval 2010 in Aussicht. Neben der von den Grünen geforderten Kölner Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst will Wirges auch Vertreter örtlicher Vereine auf das Podium einladen.
Den Offizieren von Wissmann und von Gravenreuth wurde Ende des 19. Jahrhunderts, also zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches, in zwei Seitenstraßen der Subbelrather Straße durch die Benennung eine Ehrung zuteil. Beide waren hochrangige Kommandeure in der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. Im Jahr 1913, also ebenfalls noch zu Kaisers Zeiten, wurde in Neuehrenfeld an die deutsche Beteiligung bei der Eroberung der Takuforts in China im Jahr 1900 erinnert. Die Kampfhandlungen, an denen das Kanonenboot „Iltis“ unter dem Kommando des Korvettenkapitäns Wilhelm von Lans, beteiligt war, stehen im Zusammenhang mit dem Vorgehen europäischer, russischer und japanischer Verbündeter gegen den aufständischen „Bund der Boxer“, die in Peking aus patriotischen Gründen christliche Missionshäuser und ausländische Gesandtschaften besetzt hatten.
„In Köln ist ein solcher Diskussionsprozess überfällig“, ist Grünen-Bezirksvertreter Richard Wagner überzeugt. Der Kolonialismus der Kaiserzeit sei „eng mit rassistischer Ideologie“ verbunden gewesen. „Die Frage steht im Raum, ob die betreffenden Ehrenfelder Straßen als Form einer Ehrung weiterhin die Namen dieser Personen tragen sollten“, meinte Wagner weiter. Dies aber sollte erst in einem nächsten Schritt diskutiert werden.
In der Bezirksvertretung Ehrenfeld sprachen sich die CDU- und FDP-Vertreter bereits strikt und ohne Kommentar gegen etwaige Umbenennungen aus. Sprecher von SPD, Grünen und Linkspartei schlossen dies dagegen nicht aus. Denkbar, so Wagner, seien auch Zusatztafeln mit erläuternden Texten. Schon jetzt geben Messingschilder in der Lansstraße und am Takuplatz Auskunft über die historischen Hintergründe der Namensgebung.
Einen ähnlichen Vorgang gab es bereits Ende der 1980er Jahre in Nippes. Damals wurden die Carl-Peters- und die Lüderitzstraße in dem vom Volksmund als „Afrika-Siedlung“ bezeichneten Viertel in Usambara- und Namibia-Straße umbenannt, weil die alten Namensgeber für rassistische Weltanschauung standen.
„In jedem Falle müssten die betroffenen Anwohner und Gewerbetreibenden informiert und befragt werden, wenn eine solche Absicht besteht“, erläuterte die zuständige Sachbearbeiterin im Liegenschaftsamt der Stadt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Votum aus der Bevölkerung werde der zuständigen Bezirksvertretung mitgeteilt. Die Kosten einer solchen Aktion seien für die Stadt selbst relativ gering, wenn man lediglich neue Schilder und die Aktualisierung von Stadtplänen in Betracht ziehe. Die Ausstellung von neuen Personalausweisen und Fahrzeugscheinen sei für betroffene Anwohner in einem solchen Fall kostenlos. Aus eigener Tasche zahlen müssen sie allerdings andere Dokumente, auf denen die geänderte Adressangabe wichtig ist, wie zum Beispiel Visitenkarten, Geschäftspapiere und Autobeschriftungen.
Hallo zusammen,
vielen Dank für den Hinweis auf unsere Webseite!
Die Webseite wurde aktualisiert und wir veröffentlichen am Freitag neue Beiträge. Damit die Besucher*innen uns besser finden können, würde ich mich freuen, wenn ihr den Link aktualisiert (desintegration.ihaus.org).
Danke!
Liebe Grüße