Menschen bewegen

Menschen nach unten bewegen?

Der Kölner U-Bahnbau hat es nach den Ereignissen um den Einsturz des Stadtarchivs vor etwa einem Jahr erneut in die Tagesschau geschafft: mit einem Bauskandal! Und so beschäftigte sich der Hauptausschuss des Kölner Rates in einer Sondersitzung mit dem Pfusch am Bau der Nordsüdbahn. Eingeladen waren neben den Mitgliedern der Kölner Fraktionen auch die KVB-Spitzen, nicht aber Vertreter der Unternehmen der Arge Süd, die den Bau durchführt.

Oberbürgermeister Jürgen Roters warb zunächst um das Vertrauen der Kölner und kündigte die Gründung einer AG Stadtbahnbau an, der neben ihm selbst auch Stadtdirektor Guido Kahlen und Verkehrsdezernent Bernd Streitberger sowie interne und externe Fachleute angehören sollen – also mitunter Leute, die auch bislang in irgendeiner Form mit dem U-Bahnbau zu tun hatten.

A whole lotta Fachwissen

Die KVB war mit einem Haufen Gutachter, Juristen und Experten angereist. Doch zunächst stellte KVB-Technikvorstand Walter Reinarz ein detailreiches Gutachten vor: Schlitzwand, Schlitzbetrieb, Schlitzaushub, Schlitz im Kleid: Sowas würde man gerne mal zusammen mit erfahrenen Bauingenieuren nachlesen – vorgetragen herrschte bei DEINEN FREUNDEN schiere Ratlosigkeit. Wahrscheinlich ging es den anderen Anwesenden genauso – zu dem Gutachten gab es so gut wie keine Nachfragen.
(Der Vortrag zum Nachlesen als PDF-Dokument)

Große Koalition fordert bessere PR

Dann kamen die Mächtigen selbst zu Wort: Martin Börschel (SPD) verlangte eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, danach forderte Winrich Granitzka (CDU) eine bessere Öffentlichkeitsarbeit, gefolgt von Ralph Sterck, der eine bessere Öffentlichkeitsarbeit verlangte und auch wusste, wie das geht: PR-Aufträge privat vergeben – ein Liberaler kann einfach nicht raus aus seiner Haut. Je länger man der Versammlung zuhörte, um so mehr gewann man den Eindruck, dass es sich bei den Problemen rund um Waidmarkt und Heumarkt in erster Linie um Kommunikationsschwierigkeiten handelt.

Alle eingeladenen Ratsdamen und -herren begrüßten Roters Idee von einer AG Stadtbahnbau, der Leute angehören sollen, die auch bislang in irgendeiner Form mit dem U-Bahnbau zu tun hatten. Da platzt der Grünen Barbara Moritz der Kragen: Hier werde doch bloß die Verantwortlichkeit hin und her geschoben – ach so!

TÜV, hilf!

Jetzt wieder die Experten von den Verkehrsbetrieben: KVB-Vorstand Jürgen Fenske verspricht eine komplette  und nachhaltige Überprüfung der Baustelle entlang der ganzen Strecke – und gelobt eine bessere Öffentlichkeitsarbeit – die Ratsmitglieder wird es gefreut haben. Beruhigend: Der TÜV Rheinland ist ab jetzt bei Bauabnahmen IMMER zugegen, das betonte KVB-Technikvorstand Reinarz. Trotz der bekanntgewordenen Bausünden kann sich die KVB jedoch eine Kündigung des Vertrages mit dem von Bilfinger Berger angeführten Firmenkonsortium nicht vorstellen – ett hätt noch immer joot jejange …

Fazit der Sitzung: Der schwarze Peter liegt nun bei den Baufirmen – die nicht anwesend waren. Politik und KVB geloben Besserung. Konsequenzen? Hm.

DEINE FREUNDE sagen: Zwei Tote und der Einsturz des Kölner Stadtarchivs für sechs Minuten Fahrtzeitverkürzung sind der eigentliche Skandal! Die Verantwortung für den Bau der Nordsüdbahn liegt bei dem damaligen Kölner Rat. Die Schuld an den Bausünden von heute ist noch zu haben …

(Andreas Lemke)

Links zum Thema:

Der Vortrag von KVB-Technikvorstand Reinarz zum Nachlesen als PDF-Dokument
Dossier ksta.de zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs
Süddeutsche Zeitung: Köln: Betrug beim U-Bahn-Bau – Verlassen von allen guten Meistern
Die Zeit: Pfusch beim Kölner U-Bahn-Bau noch größer als bekannt