Transparenz ist eine Voraussetzung für Basisdemokratie. Darum befürworten wir den gemeinsamen Antrag, welcher in der letzten Sitzung des Stadtrats am 04.02.2021 von den Grünen, CDU, SPD, Die Linke und FDP eingereicht haben – Die Idee des Antrags geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Videos sind ein Kommunikationsformat, welches Brücken zu Menschen schlagen kann, die bislang keinen bis wenig Bezug zu den Geschehnissen der Kommunlpolitik haben und können so die Demokratie in Köln mit aufblühen lassen. So hat diese Mediathek das Potential die zentrale Plattform für Einwohner*/Bürger*innenkommunikation zu werden.
Je nach konkreter Ausgestaltung und / oder Umsetzung kann diese gute Absicht und vielversprechende Vision, allerdings kontraproduktive Konsequenzen haben. Damit dies nicht passiert, sollten wir uns bei jedem digitalen Service die Leitprinzipien nachhaltiger Digitalisierung vor Augen führen: Digitale Suffizienz, Konsequenter Datenschutz und Gemeinwohlorientierung.

 

Es muss ökologisch nachhaltig sein.

Videodaten sind große Daten: Der Speicherplatz- und damit Energiebedarf, um diese (sowie ihre Sicherheitskopien) zu archivieren steigt exponentiell. 2008 war das Internet bereits verantwortlich für 2% der globalen CO2 Emissionen, was jene der Flugindustrie überstieg. Es sollte darum beispielsweise zu folgenden Fragestellungen eine gut begründete Antwort zu finden sein:
 

1. Wie lange werden die Video Dateien gespeichert?

Unser Vorschlag:Die letzten 3 Sitzungen.

2. Welche Auflösungen stehen zur Verfügung?

Unser Vorschlag: 360p als Standard beim Start des Videos, nicht mehr als 720p maximal (reduziert immens Dateigrößen beim Speichern und Emissionen beim Streaming)

3. Welche Hardware bzw. welches Hosting wird genutzt?

Für die Herstellung werden seltene Rohstoffe genutzt, welche der Planet nicht in dem Maß wieder zur Verfügung gestellen kann, wie wir verbrauchen (DEFINITION von Nachhaltigkeit). Des Weiteren werden die Rohstoffe i.d.R. auf unfairen und Menschenrechtsverletztenden Wegen abgebaut und gehandelt. Es muss allgemein sichergestellt werden, dass das Gemeinwohl in der gesamten Wertschöpfungskette nicht verletzt werden (dafür wurden schließlich die Steuergelder eingesammelt), wie etwa durch die Nutzung von Kohlestrom oder Datenkapitalistischer Software zur Verwaltung und zum Betrieb des Systems. Wenn wir diese Folgen nicht berücksichtigen, gehen wir mit der Mediathek in einer ökosozialen Transformation einen Schritt vor und zwei Schritte zurück.
Unser Vorschlag: Das Hosting muss Nachhaltigkeitskriterien wie diese erfüllen: Nutzung von Grünstrom oder von Abwärme der Server, Nutzung von OpenSource Technologien, Nutzung nachhaltiger Hardware mit Umweltzeichen oder noch besser gebraucht, etc.

Es muss sozial nachhaltig sein.

Für die Umsetzung muss ein Mensch-zentrierter-Gestaltungsprozess [ISO 9241–210] (o.Ä.) genutzt werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass zwar die Idee gut ist, jedoch die Umsetzung nicht die ursprünglichen Bedürfnisse erfüllt. Vor allem müssen die Benutzer*innengruppen bedacht werden, für welche die kommunalpolitischen Geschehnisse am meisten intransparent sind. Das sind zum Beispiel Menschen mit kognitiven, physischen oder Sprachbarrieren, Menschen mit geringen technischen Vorkenntnissen oder Menschen ohne Kenntnisse von verwaltungstechnischen Sprachgebräuchen. Wenn nur Feature-orientiert gedacht wird und wir uns nicht in die tatsächlichen Benutzer*innen hineinversetzen, ist das Risiko hoch, dass das Projekt eine teure Investion ohne spürbaren Nutzen hat.

Unser Vorschlag: Die Gebrauchstauglichkeit (eng. Usability) und User

Experience müssen explizit qualitätsgesichert werden.

Weiterhin muss es ein Konzept dazu geben, wie die Persönlichkeitsrechte von den dargestellten Personen geschützt und gestärkt werden können. Beispielsweise werden zur Zeit im Netz politische Persönlichkeiten vermehrt zur Zielscheibe für Hass und Hetze, oder Medien werden illegal ausgewertet um Datenhandel zu betreiben (steigende Cyberkriminalität). Damit wird der Verfall der Demokratie befeuert.

Unser Vorschlag: Es muss ein Sicherheitskonzept mitgeliefert werden, mit konkreten Maßnahmen wie bspw. einen Kopierschutz für das Videomaterial oder die Option sich im Video unkenntlich zu machen.

Zuletzt gehört es auch zur sozialen Nachhaltigkeit, wenn Bürger*- und Einwohner*innen, welche für das System bezahlen, auch zum einen Einsicht in den Code haben (Public Money Public Code) und zum anderen die Möglichkeit bekommen das System zu bewerten und zu evaluieren (für potentielle Updates).

Unser Vorschlag: Die Software muss als FOSS (Freie Open Source Software) angeboten und der Programmcode wird wart- und erweiterbar geschrieben werden.

 

Es muss ökonomisch nachhaltig sein.

Eine FOSS Lizensierung sowie änder-/erweiterbarer Programmcode ist auch eine Empfehlung für die ökonomische Nachhaltigkeit, denn so wird der spätere Änderungsbedarf günstiger. Weiterhin können andere Kommunen die Software wiederverwenden. Untereinander könnten so Kosten geteilt und/oder reduziert werden.
Softwareaufträge sind sehr teuer und so ist es nur nachhaltig wenn gezielt die Probleme ermittelt werden und stringent Lösungen abgeleitet werden, welche die intendierte Transparenz und Beteiligung am besten umsetzt.
Dafür müssen professionelle Konzepter*innen ans Werk, welche die benötigten Funktionen stringent herleiten, ein laienhaftes Brainstorming einzelner Features ist für so eine zentrale Bürger*/ Einwohner*innen-Kommunikationsplattform unzureichend.
Dies führ uns zu unserem dringensten Vorschlag: Wenn schon ein Redesign angestrebt ist, sollte es professionell angegangen werden, d.h. ein ordentlicher Konzeptions- und Designprozess dahinter stehen mit einer ganzheitlichen Problemanalyse. Grundlegende Erfordernisse und Anforderungen müssen ermittelt und gezielt adressiert werden, um nicht nur das System zu verbessern, sondern die dahinter liegenden Probleme möglichst effizient und effektiv zu lösen.

 

Fazit & Maßnahmen

Unser Fazit: “Archivierung des Streams” und das “Einblenden der Tagesordnungpunkte mit Verlinkung der inhaltlichen Anträge und Vorlagen” sind erste Gestaltungslösungen, die sicherlich einen großen Mehrwert bringen. Gleichzeitig müssen wir ganzheitlicher denken – wenn wir lediglich eine lose Menge an Features beschließen, anstatt einen fachlich fundierten Redesignprozess initiieren, ist die Gefahr für eine schlechte Kosten-Nutzen Bilanz sehr hoch, da die oben angerissenen Rebound-Effekte eintreten.
Dieser Design- & Entwicklung sollte agil und iterativ gestaltet werden, um kurz- wie auch langfristig das beste Ergebnis zu erreichen. So könnte im ersten Durchgang als MVP (Minimal-Viable-Product) bereits ein Transkript der Sitzung eine effiziente erste Lösung für das Problem der mangelnden Transparenz und Nachvollziehbarkeit sein. Das wäre wesentlich energiesparsamer, da es nur ein Bruchteil der Speichermenge ist, damit ökologischer, besser durchsuchbar, zitierbar und würde mit nahezu keinen Privatsphäre / Datenschutz Problemen einhergehen. Ein solches Medium kann dann mit weniger Kosten auch länger archiviert bleiben, einfacher in leichte Sprache übersetzt werden und mit Screenreadern auch barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Darauf basierend kann eine Mediathek dies anreichern, da Daten immer Emmisionen bedeuten, sollten immer nur die notwendigsten neusten Ratsitzungen kopiergeschützt verfügbar sein und Ältere gelöscht werden. Dies reduziert Energiebedarf und schützt die Rechte der Mandatsträger.
Natürlich wissen wir, dass es ein Ideal ist, was wir zeichnen und fordern (wenn auch ein realistisch umsetzbarer!!), darum möchten wir pragmatisch priorisieren:
Wir schlagen vor
  1. Kriterien zur ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit zur Auswahl der umsetzenden Dienstleister mit in den Antrag aufzunehmen und auch die von GRÜNEN/VOLT vorgeschlagene Lösung vor diesen Punkten nochmal zu reflektieren.
  1. Agiler & Iterativer Design- & Entwicklungsprozess
  1. Unsere konkreten Vorschläge aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit.
Im Allgemeinen wünschen wir uns zudem natürlich konstruktive partizipative Zusammenarbeit an Themen und Anträgen wie diesen.

Literatur

#UniteBehindThe Science

Autor*innen: Fachgruppe Digitalisierung der KLIMA FREUND*INNEN