Mitten in Köln-Ehrenfeld gibt es tatsächlich noch eine „alternative gesellschaftliche Lebensform“ – die Osterinsel. Eine Art Bauwagenplatz mit Wald. Dieser Wald steht seit 40 Jahren dort. Nun gibt es Bebauungspläne – und für den Wald sieht das schlecht aus. Obwohl wir in Zeiten von Klimawandel, Luftgiften und Grünfraß um jeden Stadtbaum kämpfen müssten …

Wir möchten hier Menschen vom Osterinsel e.V. und von der Bürgerinitiative Alsdorfer Straße ein Forum geben, um ihre Sicht der Dinge und ihre Wünsche zu formulieren. Wir unterstützen diese Sicht! Der Text wurde uns von Jens Kuklik zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

… 2003 wurde die Osterinsel besetzt. Im Jahre 2004 sind wir bereits als Osterinsel e.V. zur Verhandlung des Rahmensanierungsplan Braunsfeld/Ehrenfeld gegangen –

Es ist interessant, dieses Werk zu lesen. Wie in einem Märchen werden hier Brachflächen auch als Grünflächen mit Aufenthalts- und Spielfunktion und zur Unterstützung des Luftaustausches vorgestellt. Es wird davon gesprochen, Industriehistorie mit ihren Bauten zu bewahren, Kultur- und sozialen Wohnraum will man befördern und Radwegesysteme errichten. Man könnte meinen, eine lebenswerte Stadt. Dieses Dokument, verabschiedet vom Rat der Stadt Köln…bindend? …jaja

Rest In Peace
Das Bel Air wird darin als Kulturraum noch vor der Live Music Hall genannt. Einer der ersten Kulturorte in Braunsfeld, für den Investment- und Immobilienspekulation den Tod bedeutete. Für uns Besetzer*innen eines Wäldchen in Köln war damals – als Heiner noch lebte – vorläufig klar, es würden keine Gebietsansprüche auf die Osterinsel bevorstehen – auch das Kranhallenareal des ehemaligen Schrottplatzes würde noch einen langen Dornröschenschlaf haben, bis es für eine Wohnbebauung interessant werden könnte.

2005 wurde die Osterinsel sogar „legal“, „Mieter“ bei HGK, dann Stadt Köln, und ist seit jeher durch REWE geduldet.

Was kostet die Stadt?
Es gab immer mal Pläne für das Nachbargeländ von der Grubo oder der Frey AG, die sich dann doch zerschlagen haben… 15 Jahre ist die Insel jetzt hier: Ein subkulturelles Biotop inmitten der Boomcity. Ein kleines beinahe unentdecktes Dorf?

Nun kommt Pandion, Erbauer der Kranhäuser und Großinvestor in Köln. Und der Wald wird verkauft. Das kommt irgendwie vertraut vor, oder? Was einst vom Rat der Stadt festgelegt wurde als erhaltenswerte Grünfläche, wird im aktuell betriebenen Bauplanungsverfahren schlicht übergangen. Unser Einwand auf einer Beiratssitzung führte zu einer erstaunlichen Irritation der Politiker. Scheiße. Haben wir da haben was vergessen? Die Käufe im Zusammenhang mit Auslobung und Bauplanung fanden frühestens im Sommer 2018 statt.

Welche Rolle spielt dabei die Politik?
Bedeutet das nicht, dass über derartige Änderungen informiert werden müsste? Diese Information sind nur durch die Initiativevon betroffenen Anwohner ans Licht gekommen. Kann ein Rahmenplan so einfach geändert werden? Warum wurde damals ein so umfangreiches Bürgerbeteiligungsverfahren gemacht, wenn das jetzt alles Wurst ist?

Alle vorherigen Pläne behandelten ausschließlich das Kranhallenareal in seinen Grenzen für eine mögliche Wohnbebauung,

Jetzt wird so getan, als würde man ein korrektes Verfahren durchziehen, aber eigentlich liegt eine Rahmenplanänderung zugrunde.

Und zwar eine, die nicht nur nicht sozialverträglich, sondern städtepolitisch unmoralisch hantiert. Denn der Wohnraum, den man plant kostet stolze 500.000 € pro Einheit. Sozialer Wohnungsbau, ne.

Wo bleibt die Bürgerbeteiligung/Transparenz? Man wird in Köln ordentlich über den Tisch gezogen. Und die Kölner*innen müssen sich nicht wundern, wenn sie im Zuge der Realisierung dieser sogenannten hochwertigen Neubauten nicht auch selbst demnächst entmietet werden.

Wir, Osterinsel und Bürgerinitiative Alsdorfer Straße fordern:

(Offener Brief zur Gestaltung des Geländes Kranhalle – alter Schrottplatz)

Integrationstatt Verdrängung: Anders als Ehrenfeld, setzt Braunsfeld bislang weniger auf kulturelle Vielfalt und verspielt dadurch seine Potentiale (Bel Air/Jack in the Box/Projektwerkstatt Holodeck und viele andere kulturelle/subkulturelle Orte verschwinden aus dem Viertel). Die Kultur-achse nach Ehrenfeld aber sollte verstärkt werden. Statt einseitig Wohn- und Dienstleistungsviertel zu erbauen, wäre es für die zukünftige Lebensqualität im Viertel wichtig, insbesondere die kleineren kulturellen Strukturen, mit ihren Eigenarten sinnvoll zu unterstützen und in integrativen Stadtentwicklungskonzepten zu denken.

Beachtung des BürgerfriedensDie anliegendeAnwohner*innen der Alsdorfer Straße und die Bewohner*innen der Osterinsel sind besorgt angesichts einer möglichen infrastrukturellen Überbelastung: Im Rahmenplan sind die Vorgaben 100-200 Wohnungen sowie der Erhalt des Stadtklima durch Grünschneisen definiert. In devon Pandion vorliegenden Plan wird das nur nebensächlich behandelt. Mehr als 300 Wohnungen sollen entstehen – ohne jegliches Verkehrskonzept. Das ist inakzeptabel für die Bewohner*innen der Alsdorfer Straße. REWE-Grundstücke, auf die sich die Osterinsel hinausdehnt, sollen offenbar bebaut werden. Mit solchen Plänen strapaziert der Investor die ohnehin angespannte Lage zwischen der Stadt Köln und ihren Wagenplätzen.

Erhalt der natürlich gewachsenen Grünflächen: Die Unmsetzung der Pläne von Pandion hätte zur Folge: Die Fällung der existenten Akazien/Flieder/Birken/Kirschen/Weiden-Wäldchen sowie die Vertreibung von Fledermäusen/Eulen/Falken/Specht/Eichelhäher/Zaunkönig u.v.m. Ein Gutachten durch den BUND wird vorbereitet.

Erhalt der Kranhalle: Der Abriss der alten Kranhalle schien bislang beschlossene Sache. Wenngleich derzeit nicht denkmalgeschützte Anlage, wäre es tragisch, dieses aus der Historie eines vorwiegenindustriell und arbeitergeprägten Ehrenfeld stammende Bauwerk einfach aus dem Gedächtnis und dem Stadtbild zu radieren. Die Nutzungmöglichkeiten der Kranhalle wären außerordentlich vielfältig.

Die Notwendigkeit sozialen Wohnungsbaus ist unabredbar. Die Investoren versichern als “Leistungsträger” ein Einbringen von ca 20-30 Prozent. Tatsächlich werden umfangreich „hochwertige“, das heißt: hoch-preisige Wohnungen geschaffen.

Ein liebloser Handel bleibt es, wenn dabei grundsätzlich Wirtschaftsinteressen im Vordergrund stehen. Das hat gravierende städtbauliche, soziale und ästhetische Auswirkungen, die unser Stadtbild und die Möglichkeiten unseres Zusammenlebens in Köln empfindlich beeinträchtigen. Nahezu jeglicher freie Raum in Köln, der noch vor kurzem brach lag oder durch Kreative aus allen Bereichen genutzt wurde, wird verkauft, gekündigt und umgeplant. Lukrativ für Investoren sind hochwertige Eigentums- und Wohnmietsobjekte oder Büros – Ateliers nur in recht geringem Maße. Freiraumstrukturen bringen offenbar wirtschaflich wenig. Ihre Überlebenschancen sind daher gering, wenn nicht ein politischer Wille zur stadtpolitischen Debatte, Vermittlung, Respekt und Anerkennung besteht. Nur so entstanden in der Vergangenheit Räume wie z.B. die “alte Feuerwache” im Agnesviertel. Solche Orte sind außerordentlich wichtig für den urbanen Raum.

Neuauflage Bürgerbeteiligung: Die Stadt muss gemeinsam entwickelt werden. (!!) Die Osterinsel markiert die Grenze zwischen Ehrenfeld/Braunfeld. An der Kranhalle könnte ein wunderbares Areal entstehen. Es besteht doch mehr öffentliches Interesse als erwartet an den Plänen von Stadt und Investor. In den Bedürfnissen, Befürchtungen und Forderungen von Anwohner*innen und Osterinsel liegen auch Chancen für eine sinnvolle Umwandlung der Kranhallenbrache. Es wäre von großem Nutzen, anliegende Gewerbe, Anwohner*innen, Investor und Osterinselernutzer*innen gemeinsamen zur Entwicklung des konkreten Bebauungsplans einzuladen. Eine Bürgerbeteiligung Stufe III wäre auch angesichts der Ausdehnung des Areals angebracht.

Erhalt der historisch gewachsenen Gleisstruktur und derGrünstreifen: Nach dem Ankauf weiterer Flächen durch Pandion und eine raumgreifende alles nivellierende Planung ist nicht nur die Osterinsel, sondern der Erhalt von Grünflächen und Gleisstruktur gefährdetDiese beschreiben einen Bogen, die sogenannte Gleisharfe. Pandion plant wirtschaftlich, eckig, und gerade. Wir befürchten eine phantasielose einseitige und überdimensionale Blockbebauung wie an schon zu vielen Stellen in Köln. Aber insbesondere an diesem Ort würde ein solche Bebauung Unwillen Unverständnis und permanenten Vandalismus auf sich ziehen, zumal die abgeschottete Blockbebauung für ein finanziell gut aufgestelltes Clientel sowohl für die Anwohner*innen der Alsdorfer Straße wie auch Bewohner*innen der Osterinsel desintegrativ erscheint.

Stattdessen könnte ein stadtgeschichtlicher Parkour entstehen, der Stadtviertel, lebendige Kulturachsen, Gegenwart, Historie und Zukunftskonzepte mit einander verbindet.

Die Baukosten wären deutlich geringer, wenn Natur und Gebäude weiter entwickelt und integriert würdenEin mehr als 40 Jahre alter Baubestand, gewachsene Fauna und Flora müssen nicht kostspielig geräumt werden, um klinisch anmutende Parkanlagen entstehen zu lassen. Mit dem Vorhaben deraumgreifenden Blockbebauung würde Köln einen einmaligen charakteristischeOrt verspielen. Die erhaltene Bausubstanz ist in einem gutem Zustand. Eine vitale Achse könnte entstehen zwischen Ehrenfeld, dem Heliosquartier, derAachener Straße, dem Stadtwald und der Universität – ein ambitioniertes städteplanerisches Projekt.

Erhalt der Osterinsel: Eine Lebensgemeinschaft wie die Osterinsel, die aus einer Besetzung hervorgegangen ist und seit knapp 16 Jahren die alte HGK-Gleisesoziokulturell belebt und pflegt, erachten wir als schützenswert. Die Osterinsel ist ein gewachsener Kulturort. Wäre es nicht notwendig ,solche ursprünglich subkulturelleOrte und Strukturen mit ihren zahlreichen sozialen und kulturellen Aufgaben von Anfang an in die Planung mit einzubeziehen?

Seit vielen Jahren leben wir an diesem Ort offen organisiert, bieten barrierefrei Wohn-/Lebens- und Wirkungsraum für Sprayer*innen, Obdachlose, Jugendliche, Geflüchtete, Künstler*innen, Studierende, Reisende. Wir nutzen regenerative Energien, haben den Wald vor Rodung bewahrt und von illegalen Müllkippen befreit und hier einen wunderbaren Ort geschaffen. Wir reichen an dieser Stelle einen eigenen Entwurf für das Kranhallenareal einDessen Kernpunkte sind:

– Erhalt der Kranhalle als Bürgerzentrum Braunsfeld/Ehrenfeld als Marktplatz, Polyvalente Veranstaltungshalle, Turnierort, Sportplatz, Theater und Konzertplatz.

– Studierendenwohnheim: Ein geschwungener Bau mit begehbareDachpark statt einabgeschiedener Block hochpreisigeWohneinheiten wäre hier vorstellbarDieVeranstaltungshalle würde durch das Wohnheim offen eingefriedet, das korrespondierend zur Gleislinienführung zur Kranhalle hin ansteigtIm unteren Bereich befinden sich überschaubar Gastronomie und Einzelhandel. Für ein Wohnheim sprechen sowohl die sinnvolle Verjüngung der Bevölkerungstruktur Braunsfeld, die Universitätsnähe, die größere Akzeptanz für kulturelle Veranstaltungen, als auch die Möglichkeit, mehr Wohnraum bei geringerem Raumbedarf zu schaffen.

– Kita/Spielplatz: Rundhäuser von geringerer Höhe und phantasievoller Gestaltung aus nachhaltigen/recycleten Baustoffen könnten im friedlichsten Teil des Geländes liegen, hinter dem Wohnheim mit Übergang zu Park und Wagenplatz.

– Integration Wagenplatz: ein organischer, kreativer Übergang zwischen Wagenplatz und Kranhallenareal an zwei Durchbrüchen durch die Ziegelmauer und die ästhetische Verknüfung architektonischer Merkmale im Bereich Kita Spielplatz Rundhäuser sind möglich.

Eine ambitionierte Architektur für Köln: zwei stadtbildprägende Türme für Studios und Ateliers mit Blick über Stadt/Stadtwald wären ein Bauprojekt, mit dem die Pandion als Erbauer der Kranhäuser ihre Verantwortung und ihr Know-How für Köln einsetzen könnte.

– Shared Spaces: Ein zukunftsorientiertes Durchwegungskonzept, Verkehrsanbindung an den Kreisel. Stolberger Str. 90 über REWE-Parkplatz erscheinen uns sinnvoll.

– Busschleife/Bike-/Carsharing/Radweg/Stadtparkours Busschleife vor der Kranhalle, Nutzung der alten Stores als Park- und Sharingpoint würden zukunftsorientierte Verkehrspolitische Impulse setzen.

– ökologische/nachhaltige Bauweise: DieBegrünung von Dächern/Fassaden, Photovoltaig auf den nach Süden ausgerichteten Flächen bieten sich an.

– Bügerpark Jugendzentrum und Freiraumstruktur: DerErhalt der natürlichen Baum- und Strauchbestände, die Integration von urban-gardening sowie des schon vorhanden Imkerei-Renaturierungsprojekt des BUND auf der REWE-Parzelle wären sinnvoll im Bereich der Kita/Spielplatz.

Jugendzentrum: Jugendliche aus dem Viertel kommen täglich auf das Gelände und sollten auch weiterhin hier ihren Ort finden. Die ursprünglichen Büro und Verwaltungsräume bieten dafür umfangreich Raum.

Insgesamt glauben wir an eine sinnvolle Vermittlung der Interessen von Pandion, Stadt Köln, Anwohner*innen Alsdorfer Straße, Gewerbetreibende Widdersdorfer, Osterinsel und Kreativwirtschaft Braunsfeld/Ehrenfeld sowie den Belangen von Natur- und Denkmalschutz.

Bei einer kompromissfähigen gemeinsam erarbeiteten Lösung würde Köln ein einzigartiges Projekt von großer Bedeutung gelingen.

Osterinsel e.V., osterinsel@riseup.net