Die Retter im Netz haben auch schnell erste Fotos gebastelt

Die Retter im Netz haben auch schnell erste Fotos gebastelt

Schon seit Monaten wurde über die Zukunft, beziehungsweise die drohende Schließung des Gebäude 9 und die Kündigung anderer Mieter wie der Kunstetage Deutz auf dem Gelände an der Deutz-Mülheimer-Str. 127 in Köln-Mülheim gemunkelt. Doch dann berichtete der Kölner Stadtanzeiger, und auf einmal verbreitete sich diese bad news rasend schnell über das Netz. Eine facebook-Gruppe zur Rettung des Gebäude 9 hatte bereits nach zwei Tagen über 4000 Mitglieder – eine fb-Unterstützer-Seite  rund 10.000!

Zuvor hatten sich natürlich auch die betroffenen Mieter ihre Gedanken gemacht. Zunächst galt es gemeinsame Positionen zu finden und sich über die weitere Vorgehensweise zu verständigen. Schnell war klar, dass man sich zunächst im Stillen an die Verantwortlichen wenden wollte – das heißt, an die Eigentümer (RheinEstate), die Stadtverwaltung und die Politik.

Anlass für die Kündigungen der Mietverträge ist die weitere Entwicklung des Mülheimer Südens. Das Gelände rund um Kunstwerk und Gebäude 9 gehört RheinEstate, einer hundertprozentigen Tochter der Sparkasse KölnBonn, diese wiederum gehört zu 70 Prozent der Stadt Köln. Die deutschen Sparkassen sollen sich auf EU-Wunsch auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich von ihrem Immobilienbesitz trennen. So bietet die RheinEstate nun auch dieses Gelände zum Verkauf an, doch bislang hat – zum Glück! – noch kein neuer Investor unterschrieben.

Dazu kommt, dass man im Zuge der Stadtentwicklung auch den gesamten Mülheimer Süden neu planen möchte. Aus der jetzigen Mischung aus Hafen und Industriebrachen soll der übliche Mix aus Wohnen & Kreativdingens am Wasser werden. Ein lauter Club stört da nur! Doch die Planung ist erst ganz am Anfang, noch gibt es Möglichkeiten für Bürger und Politik einzugreifen. Die ersten Ergebnisse sind aber nicht ermutigend. In einem Werkstattverfahren zum Mülheimer Süden planten beide eingeladenen Architektur-Büros Mülheims Zukunft OHNE das Gebäude 9. Dies sind erst Entwürfe, beschlossen ist noch nichts, umso wichtiger ist es, jetzt den Verantwortlichen spürbar auf die Füße zu treten. Denn im Vorfeld bemerkten einige der Mieter auf dem Gelände, dass viele Planer & Politiker von ihrer Existenz überhaupt nichts wussten.

Broschüre der Mieter der deutz-Mülheimer-str. 127

‚Wir sind schon hier!‘ – Klug gewählter Titel der Info-Broschüre der Mieter der Deutz-Mülheimer-Str. 127

Um dieses Informationsdefizit zu beseitigen erstellten die Mieter eine Broschüre mit dem sinnigen Titel ‚wir sind schon hier!‚ Diese Schlagzeile spielt darauf an, dass das Ziel vieler solcher Sanierungsprojekte die Erstellung von Räumen für die Kreativszene – und somit unnötig (denn die sind ja längst schon da) – ist: Die Broschüre belegt, dass auf dem Gelände schon seit 17 Jahren kreativ gearbeitet wird.

Interessant wird die Rolle der Kölner SPD. Ihr Fraktionsvorsitzender im Rat, Martin Börschel, ist zugleich Verwaltungsratvorsitzender der Sparkasse KölnBonn. In dieser Doppelrolle ist er also in hohem Maße mit verantwortlich dafür, wie sich das Gelände in Zulunft entwickelt. Dazu kommt, dass sich die gleiche Börschel-SPD im heraufziehenden Kommunalwahlkampf mit einem Nachtbürgermeister an die Clubszene anzubiedern versucht. Schon die vergangenen fünf Jahre mussten viele Clubs und Kneipen dicht machen, gestört hat das die SPD kaum. Jetzt, wenige Wochen vor der Wahl, entdecken sie ihr Herz für Partygänger – wenig glaubhaft!

Wenn die Stadt es will, gibt es natürlich Lösungsmöglichkeiten. Der Eigentümer RheinEstate ist ja in öffentlichem Besitz, also kann die Öffentlichkeit über den Verwaltungsrat auch Einfluss auf die Verkaufsverhandlungen nehmen. Die Stadt kann auch selbst das Gelände kaufen, aktuell macht sie das zum Beispiel beim Helios-Gelände. Und man kann zukünftige Bebauungspläne so anlegen, dass ein Club wie das Gebäude 9 auch weiterhin betrieben werden darf. ABER: Man muss es auch wollen …

Um diesen Willen & Möglichkeiten der Stadt- und speziell der Kulturverwaltung zu prüfen, haben DEINE FREUNDE eine offizielle Anfrage an den Oberbürgermeister Jürgen Roters gerichtet. Ihr findet sie hier als PDF.


Was kann man nun tun?

Erstmal Augen und Ohren offenhalten, die Szene ist erst dabei sich zu sortieren, über mögliche Aktionen wird in verschiedenen Foren diskutiert. Nicht schaden können Gespräche mit Mitgliedern des Kultur- und Stadtentwicklungsausschusses – Ende Mai sind Kommunalwahlen, da sind Ohren für die Bevölkerung meist weiter offen als sonst … ;)

Am 3.4.2014 wird im Stadtentwicklungsausschuss um 15 Uhr noch einmal unter TOP 5.3. über den Mülheimer Süden gesprochen, Präsenz kann hier nicht schaden! Sitzfleisch ist allerdings zu empfehlen …

Und bereits um 11 Uhr wird am 3.4. im Kulturausschuss unter TOP 5.2. kurz über unsere DEINE FREUNDE-Anfrage gesprochen – auch hier blicken lassen!


Weitere Links:

Mehr zum Thema Gebäude 9 bei DEINE FREUNDE


Wir sind schon hier! –  Broschüre der aktuellen Nutzer des Geländes (pdf)

Anschreiben der aktuellen Nutzer an den Stadtentwicklungsausschuss (pdf)

Gebäude 9

Kunstetage Deutz

Mülheimer Süden – Alles zur Bürgerbeteiligung, Pläne etc.

Berichterstattung Kölner Stadtanzeiger

Intro – ein Interview mit Jan van Weegen (Gebäude 9)

Online-Petition

Rettet das Gebäude 9! Facebook Gruppe und Facebook Seite


Weitere Anmerkungen:

Die Verträge der Mieter auf dem Gelände sind bereits gekündigt. Offiziell könnte für das Gebäude 9 schon diesen Sommer Schluß sein, bevor jedoch ein neuer Kaufinteressent unterschrieben hat, und wirklch was passiert, ist eine befristete Verlängerung in Aussicht gestellt. Andere Mieter bekommen auch jetzt schon Verlängerungen immer nur monatsweise.

Das Kunstwerk ist nicht direkt betroffen, es hat 2003 einen Erbpachtvertrag mit 30 Jahren Nutzungsrecht unterzeichnet, also noch 19 Jahre Sicherheit. Das Kunstwerk ist allerdings auch nicht begeistert davon, dass seine Nachbarn von Schließung und Sanierung bedroht sind – auch sie brauchen ein kreatives, tolerantes Umfeld! So engagiert sich auch das Kunstwerk für die Rettung und den Bestandsschutz des gesamten Geländes.

Natürlich ist der Bau von Wohnungen wichtig, aber es ist auch vollkommen OK zu sagen: Sorry, an diesem Standort leider nicht! Es handelt sich hier ja nicht um ein Brachgelände, wo wir darüber zu entscheiden haben, ob wir es in Richtung Kultur oder Wohnen entwickeln. Diese Entscheidung ist längst gefällt, die Mieter sind schon da, und der Kunst- und Gewerbehof ist bereits ein wichtiges Plus in der Kölner Kulturlandschaft!